Streiks im Luftverkehr: Airline muss Folgen für Kunden mildern
Muss ein Luftfahrtunternehmen einen Flug wegen eines Streiks seiner Piloten oder Flugbegleiter annullieren oder erheblich verspäten, so kann es sich wegen eines „außergewöhnlichen Umstandes“ im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung (Artikel 5 ,Absatz 3) entlasten. Folge: Die Fluggäste können keine Ausgleichsleistung fordern. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urt. v. 21.08.2012 – X ZR 146/11).
Dass der BGH die Rechtsfrage nicht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat, ist sehr zu bedauern, denn es wäre sinnvoll, wenn es eine einheitliche Rechtssprechung in Europa zu dem Thema gäbe. Fluggäste, die vor einem deutschen Gericht um eine Ausgleichsleistung streiten, müssen mit diesem Urteil leben, solange kein anderes Gericht die Rechtsfrage dem EuGH unmittelbar vorlegt.
Doch wurde und wird das BGH-Urteil in der Öffentlichkeit oft stark verkürzt wiedergegeben und dabei ein ganz wesentlicher Aspekt unterschlagen: Die Karlsruher Richter haben nämlich deutlich gemacht, dass ein Luftfahrtunternehmen auch im Fall eines Streiks vor allem darauf hinzuwirken hat, dass die Beeinträchtigung für die Gesamtheit der Fluggäste möglichst gering ausfällt und der normale Flugbetrieb nach dem Wegfall der Beeinträchtigungen möglichst schnell wieder aufgenommen werden kann.
Die Fluggesellschaft muss also geeignete und zumutbare Maßnahmen treffen, um den Folgen des Streiks zu begegnen und Annullierungen und große Verspätungen auf das unvermeidbare Maß zu beschränken. Dabei hat der BGH in Anbetracht der komplexen Entscheidungssituation, bei der eine Vielzahl von Flügen sowie deren Verknüpfung untereinander zu berücksichtigen sind, den Luftverkehrsunternehmen einen gewissen Spielraum bei der Beurteilung der zweckmäßigen Maßnahmen zugebilligt.
Doch muss die Fluggesellschaft durch ihren Streikplan darlegen, dass und wie sie unter Einhaltung dieser Anforderungen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen in dem gebotenen Umfang ausgeschöpft hat. Nur dann kann die unterbliebene oder verspätetet Durchführung eines einzelnen Fluges als unvermeidbar angesehen werden.
Und noch eines wird in der Darstellung der Rechte der Passagiere häufig übersehen: Der EuGH hat klargestellt hat, dass auch bei Vorliegen eines „außergewöhnlichen Umstandes“, also auch bei einem Streik, ein Luftfahrtunternehmen den betroffenen Fluggästen kostenfrei Unterstützungsleistungen erbringen muss, sie also – wo möglich – auf einen Alternativflug umbuchen oder den Flug kostenfrei stornieren muss. Ferner müssen die Passagiere ver-späteter Flüge nach zwei Stunden betreut werden. Ihnen sind angemessene Mahlzeiten, Getränke, Telefonate und – wo notwendig – auch eine Hotelübernachtung (mit Transfer) zu gewähren. Nach einer Wartezeit von fünf Stunden können die Fluggäste vom Flug zurücktreten. Wird der Flug storniert, ist der vollständige Endpreis des Fluges binnen sieben Tagen zu erstatten.
fvw vom 10.09.2014Quelle: http://www.fvw.de/streiks-im-luftverkehr-airline-muss-folgen-fuer-kunden-mildern/1/135227/15292